Talente 2024
Talente 2024
Donatorinnensicht

Den Forschergeist wecken

von Isabelle Vloemans
8. Oktober 2024
ETH Zürich Foundation, Den Forschergeist wecken
Hat vielfältige familiäre und eigene Bezüge zur ETH: Gönnerin Tonia Weibel.
© Sarah Ley, www.leyfotografie.com
Donatorinnensicht

Den Forschergeist wecken

von Isabelle Vloemans
8. Oktober 2024

Als Pädagogin, Beraterin und Mitglied der Schulpflege Meilen hat Tonia Weibel reiche Erfahrung mit Menschen und ihren Talenten. Als Gönnerin des Centre for Students and Entrepreneurs strahlt ihr Engagement bis an die ETH.

Sie waren lange als Lehrerin und Schulleiterin tätig – wie hat das Ihren Blick auf das Thema Talentförderung geprägt?

Meine Grundhaltung ist: Talent sollte nicht auf den kognitiven Bereich reduziert werden. Jemand kann mathematisch talentiert sein, aber auch künstlerisch oder zwischenmenschlich. Dieses breite Verständnis von Talent kommt im Kontext Schule manchmal zu kurz. Während meines Studiums in den USA habe ich das Konzept der «multiplen Intelligenzen» von Howard Gardner kennen gelernt, welches in meinen späteren Tätigkeiten an der Volksschule zu spannenden Projekten führte. Mir scheint es zentral, den Fokus darauf zu legen, was Schülerinnen und Schüler können, sie in ihren Stärken zu unterstützen beziehungsweise diese zu stärken. Ein Kind, das in Mathematik Mühe hat, kann im Sport sehr gut sein. Es braucht Menschen, die dies erkennen und das Kind ermutigen, seine Stärke zu entwickeln.

Man liest viel, das Schulsystem sei am Anschlag, und es gibt vielfältige Ideen, was zu tun wäre – wie blicken Sie auf diese Debatte?

Dazu hätte ich viel zu sagen (lacht). Es gibt eine Überhitzung im System Volksschule, die auch damit zu tun hat, dass man für jedes Problem sofort Fachexpertise beizieht. Das Vertrauen, dass man als Lehrperson mit einem humanistischen Menschenbild ganz viel ausrichten kann und in der Lage ist, Schülerinnen und Schüler gut zu begleiten, ist ein bisschen verloren gegangen. Wir brauchen wieder eine Vereinfachung: Ein paar Personen tragen zusammen die Verantwortung für eine Gruppe Kinder und gehen mit deren Vielfalt um.

«Es braucht Menschen, die vielfältige Stärken erkennen und junge Talente ermutigen und begleiten.»

Tonia Weibel

Der 2021 verstorbene Ulrich Bremi, Unternehmer, FDP-Politiker, Verwaltungsratspräsident zahlreicher Firmen und Nationalratspräsident, war ihr Vater; er hatte an der ETH einst Maschinenbau studiert und war von 2005 bis 2008 Präsident der ETH Foundation – was bedeutete ihm dieses Amt?

Es war für mich nicht überraschend, dass sich mein Vater an der ETH engagierte. Er hatte ursprünglich eine Mechanikerlehre gemacht, weshalb man ihn oft «ich bin ja eigentlich ein Mech» sagen hörte. Auf dem zweiten Bildungsweg ist er an die ETH gekommen, was er als grosse Chance betrachtete. Es erfüllte ihn mit Stolz und Dankbarkeit, hier studiert zu haben und dieses Mandat auszuüben.

Ihre Familiengeschichte mit der ETH ging und geht weiter.

Ja, ich habe hier zwei Semester Architektur studiert, doch es war nicht das Richtige für mich. Die Vorlesung, die ich am spannendsten fand, war Soziologie. Also gab ich nach einem Jahr an der ETH meinem lang gehegten Berufswunsch nach und wurde Primarlehrerin. Eine meiner beiden Töchter studiert nun Architektur an der ETH, nachdem sie ursprünglich eine Lehre als Zeichnerin, Fachrichtung Architektur, absolvierte.

Auch philanthropisch sind Sie mit der ETH verbunden: Sie haben das geplante Centre for Students and Entrepreneurs als Gönnerin unterstützt – weshalb?

Dieses Projekt ist eines, welches mich aufgrund meiner erwähnten beruflichen Erfahrungen überzeugt und mich zudem mit meinem verstorbenen Vater verbindet. Eine der Initiativen, die im Centre beheimatet sein werden, ist das Student Project House der ETH, eine studentische Werk- und Kreativstätte. Ich durfte sie im vergangenen Jahr besuchen, habe mit einigen Studierenden gesprochen und war total begeistert. Solche laborartigen Orte sind prädestiniert dafür, den Forschergeist junger Menschen zu beflügeln. Als ich noch Unterstufenlehrerin war, wollte ich genau diesen Geist bei meinen Schülerinnen und Schülern wecken. Ich bin überzeugt, dass wir mit solchen Lernsituationen ganz viel ermöglichen und anstossen können, auf allen Bildungsstufen.