«Die ETH ist ein Ort der Inspiration»
Der Zufall katapultierte den Exzellenz-Stipendiaten Roman Engeler in die Welt der Start-ups. Als Mitgründer von Atla verfolgt er heute die ehrgeizige Vision, zur Entwicklung einer allgemeinen Künstlichen Intelligenz (KI) beizutragen, die sicher und vertrauenswürdig ist.
Wie bewertest du den aktuellen Hype rund um KI?
ROMAN ENGELER – Wir sind heute an einem spannenden Punkt der Entwicklung. Vor etwa zehn Jahren gab es die ersten grossen Durchbrüche mit künstlichen neuronalen Netzwerken, aber erst seit der Lancierung von ChatGPT hat ein breites Publikum direkten Zugang zu KI. Jetzt wird sie laufend alltäglicher und zunehmend in Apps, Produkte oder auch Unternehmensprozesse integriert.
Letztes Jahr hast du das Start-up Atla mitgegründet. Was war der zündende Funke?
Mein Mitgründer und ich haben uns unabhängig voneinander schon früh für die Chancen und Risiken von KI interessiert. Als wir uns dann vor ein paar Jahren beim Entrepreneur First Program kennenlernten, stellten wir schnell fest, dass wir uns am selben Nordstern orientieren. Der Fortschritt von Sprachmodellen wie ChatGPT gab uns den entscheidenden Anwendungsfall für unser Start-up. Mittlerweile sind wir nach London gezogen, da uns die progressive Atmosphäre der Stadt und ihr internationaler Tech-Hub besonders ansprechen.
Wie setzt Ihr eure Vision konkret um?
Anders als herkömmliche Software ist KI schwieriger zu testen, da wir bis heute nicht genau verstehen, was im Inneren der Modelle vorgeht. Genau hier setzt Atla an: Wir analysieren das Verhalten von KI-Modellen, etwa indem wir herausfinden, ob sie falsche Informationen – sogenannte Halluzinationen – erzeugen. Damit können wir Unternehmen unterstützen, ihre KI sicherer und verlässlicher in Produkte und Dienstleistungen zu integrieren.
Apropos Risiken: Könnte KI in Zukunft intelligenter als der Mensch werden?
Das halte ich nicht für ausgeschlossen. Die zentrale Frage wird sein: Wie stellen wir sicher, dass KI im besten Interesse des Menschen handelt? Das Potenzial ist riesig, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Krankheiten oder der wissenschaftlichen Forschung. Gleichzeitig müssen wir aber auch die Risiken im Blick behalten und genau verstehen, welche Denk- und Verhaltensmuster in den Modellen gespeichert sind.
Inwiefern hat die ETH deine unternehmerischen Ambitionen befeuert?
Ursprünglich wollte ich doktorieren, bin aber gegen Ende des Studiums zufällig in die Start-up-Welt geraten.
Der ETH Entrepreneurs Club organisierte damals ein sogenanntes «Start-up Speed-Dating», bei dem ich spontan teilnahm und direkt meinen ersten Job bei einem Start-up annahm. Die Freiheit mitzugestalten und früh Verantwortung zu übernehmen, hat mich sofort begeistert. Heute gibt es an der ETH noch mehr Angebote wie das Student Project House oder die Pioneer Fellowships, die es jungen Unternehmerinnen und Unternehmern vereinfachen, durchzustarten. Das ist grossartig!
Mit dem Founder’s Pledge hast du ein Versprechen abgegeben, die ETH zu fördern, wenn euer Start-up erfolgreich ist. Weshalb?
Die ETH bildet Nachwuchstalente aus und betreibt Spitzenforschung – damit leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Als Alumnus möchte ich der ETH etwas zurückgeben und damit zu einer nachhaltigen Bildungs- und Forschungsstätte beitragen. Der Zugang zu Wissen, Ressourcen und einem vielfältigen Netzwerk ist für junge Absolventinnen und Absolventen wichtig, vor allem für Gründerinnen und Gründer. Das will ich unterstützen und zu einer Community beitragen, welche sich gegenseitig unterstützt.
Du bist bereits jetzt Gönner der ETH. Was motiviert dich dazu?
Für mich war es immer wichtig, etwas zurückzugeben, vor allem, weil ich das Privileg hatte, während des Robotik-Studiums mit einem Exzellenz-Stipendium gefördert zu werden. Es fühlt sich richtig an, die Unterstützung, die ich bekommen habe, weiterzugeben.
Welche Rolle spielt die ETH heute noch für dich?
Die ETH ist für mich ein Ort der Inspiration. Wann immer ich in Zürich bin, versuche ich, Zeit hier zu verbringen. Meine früheren Kommilitoninnen und Kommilitonen haben spannende Wege eingeschlagen, von der Gründung, zur Unternehmensberatung bis hin zur Forschung. Der Austausch mit ihnen bringt mir nach wie vor wertvolle Impulse.
Was empfiehlst du jungen Studierenden, die ein Start-up gründen wollen?
Mut und Risikobereitschaft sind entscheidend. Gerade in der Anfangsphase hat man wenig zu verlieren, aber unglaublich viel zu gewinnen. Eine Start-up-Gründung ist eine grossartige Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und an etwas zu arbeiten, das einem wirklich wichtig ist.