«Innovation entsteht, wenn Elemente aus unterschiedlichen Bereichen kombiniert werden»
Severin Hacker weiss, wovon er spricht. Der Co-Founder und CTO von Duolingo erzählt im Interview von innovativen Ideen, Unternehmergeist und unerwarteten Verbindungen.
© ETH Foundation / Valeriano Di Domenico
© ETH Foundation / Valeriano Di Domenico
Woher kommt Ihre Begeisterung für Informatik?
SEVERIN HACKER – Der Funken zündete bereits in meiner Kindheit (lacht). Meine Familie gehörte damals zu den ersten in der Nachbarschaft, die über einen Internetzugang verfügten. Besonders Computerspiele hatten es mir angetan und ich wollte selbst welche entwickeln. Also habe ich mir das Programmieren beigebracht und später Informatik an der ETH Zürich studiert.
Doktoriert haben Sie anschliessend an der Carnegie Mellon University, wo sie 2011 gemeinsam mit ihrem Doktorvater die Sprachlern-App Duolingo gründeten. Wie kam es dazu?
Das war ein «happy mistake». 2009 befassten sich mein Doktorvater, Luis von Ahn, und ich mit einer scheinbar unlösbaren Aufgabe: Wie kann man eine Billion englische Websites für Menschen übersetzen, die eine andere Sprache sprechen? Damals ergab der Übersetzungsdienst von Google für Websites nur Kauderwelsch. Genügend Übersetzerinnen und Übersetzer für diese Arbeit zu finden, war unmöglich. Also änderten wir unseren Fokus und machten aus dem Lernen von Sprachen ein Spiel. So ist Duolingo entstanden.
Und heute können alle, die ein Smartphone und eine Internetverbindung besitzen, mit Duolingo Fremdsprachen lernen.
Genau, wir wollten so vielen Menschen wie möglich die Chance bieten, kostenlos eine Sprache zu lernen. Das sind inzwischen monatlich über 74 Millionen Lernende weltweit, die unsere Kurse in aktuell 40 Sprachen absolvieren.
Haben Sie selbst bereits eine Sprache mit Duolingo gelernt?
Ich habe mit Duolingo Spanisch gelernt. Für die Hochzeit meines Doktorvaters in Guatemala konnte ich mich dank Duolingo vor Ort orientieren, Zeitung lesen und mir die Haare schneiden lassen.
Zehn Minuten mit Duolingo sind für mich so viel wert wie eine Stunde Sprachunterricht!
Sie sind nicht nur unternehmerisch aktiv, sondern auch philanthropisch. Weshalb fördern Sie das Centre for Students and Entrepreneurs?
Die Idee, dass studentische und unternehmerische Initiativen unter einem Dach zusammenkommen, um spannende Ideen – egal wie ungewöhnlich – gemeinsam umzusetzen und technologische Lösungen zu entwickeln, hat mich überzeugt.
Warum?
Kürzlich war ich im Student Project House, der studentischen Kreativwerkstätte der ETH, welches ebenfalls Teil des Centres werden soll. Der immense Ideenreichtum und Enthusiasmus der Studierenden haben mich tief beeindruckt. Genauso wichtig ist aber auch die Ambition, etwas Grosses aufzubauen und sich nicht von falscher Bescheidenheit leiten zu lassen. Es gibt so viele talentierte und innovative Menschen an der ETH, sie sollten alle ihre Möglichkeiten voll ausschöpfen.
Ausserdem bin überzeugt, dass Innovation dort ihren Lauf nimmt, wo Ideen, Konzepte oder Technologien aus unterschiedlichen Bereichen zum ersten Mal miteinander kombiniert werden. Nehmen wir das iPhone: es vereint primär einen Musikplayer, ein Telefon und Zugang zum Internet in einem Gerät. Obwohl jedes dieser Elemente vorher bereits existierte, war die Art und Weise, wie sie kombiniert wurden, revolutionär. Es ist die Verbindung verschiedener Komponenten zu einem Ganzen, welches grosses Potenzial für Neues hat.
