Neue Verbundenheit
Neue Verbundenheit
Im Studium haben sich Marina und Steffen Meister einst kennengelernt. Heute gehen sie an der ETH wieder ein und aus – nicht nur weil ihre drei Söhne hier studieren, sondern auch in philanthropischer Mission.
Sie beide haben an der ETH Zürich Mathematik studiert – wie kam es dazu?
MARINA MEISTER – Aufgewachsen in Stäfa am Zürichsee, ging ich mit der Absicht an die ETH, Mathematiklehrerin zu werden. Ich wollte schon immer einmal eine Familie gründen und dachte mir, dass sich das mit dem Beruf der Mathelehrerin gut vereinen liesse.
STEFFEN MEISTER – Ich besuchte das Gymnasium in Wiedikon und war ein fauler Schüler. Mathe und Physik bewältigte ich einigermassen mühelos. Es war ein pragmatischer Studienentscheid.
Was sind prägende Erinnerungen an diese Zeit?
ST.M. – In den ersten Semesterferien gestanden ein Freund und ich uns gegenseitig ein, dass wir bis dahin wenig verstanden hatten, das Studium aber spannend fanden. Gemeinsam gelang es uns, unseren Rückstand aufzuholen. Ich habe die Studienjahre genossen, es kam mir vor, wie den ganzen Tag Sudoku zu lösen. Daneben haben wir im Polysnack viel gejasst.
M.M. – Ich war es gewohnt, fleissig zu sein, arbeitete oft voraus. An der ETH gehörte es zum Konzept, dass man einen Teil der Aufgaben erst bei der Prüfungsvorbereitung ganz verstand. Das war eine gute Lebensschule für mich.
Wann begegneten Sie einander?
M.M. – Schon in den ersten Wochen. Steffens Freundeskreis plante einen gemeinsamen Kinobesuch. Jemand fragte mich, ob ich mitkommen wolle. So lernten wir uns kennen.
ST.M. – Aufgefallen war sie mir schon zuvor. Marina brachte mich dazu, das Studium seriöser zu nehmen. Ich lehrte sie Entspanntheit.
«Eine Spitzenhochschule vor der Haustüre zu haben und Chancen für ihre jungen Talente schaffen zu können, ist grossartig.»
1995 schlossen Sie beide ab.
M.M. – Danach unterrichtete ich tatsächlich eine Weile. Doch Freunde von uns arbeiteten bei einer Consultingfirma. Das schien mir so spannend, dass ich mich schliesslich auch da bewarb. Die Arbeit entsprach mir sehr, auch die damit verbundene Auslandtätigkeit. Steffen war in der Zeit ebenfalls im Ausland, wir führten eine Wochenendbeziehung.
ST.M. – Meine berufliche Karriere bahnte sich noch während des Studiums an, durch einen Zufall: Zu Beginn des vierten Jahres verlief ich mich und stiess zu einem Postdoc-Seminar in Optionstheorie, in dem es um Anwendungen der Mathematik auf die Finanzmärkte ging. Ich fand das superinteressant und fragte, ob ich teilnehmen dürfe – ich durfte. Es folgten die Diplomarbeit auf diesem Gebiet und Bewerbungen bei verschiedenen Banken. Ich landete bei einer Derivatgesellschaft der Credit Suisse in London. Dort musste ich lernen, dass das, was ich im Postdoc-Seminar gelernt hatte, nichts mit der Praxis der Finanzmärkte zu tun hatte (lacht).
Nach einiger Zeit kamen Sie beide wieder in die Schweiz.
ST.M. – Marina wechselte zu Swiss Re in Zürich, und ich stiess zur Partners Group, die damals noch eine relativ kleine Firma war.
M.M. – Anfang 2000 heirateten wir, Ende Jahr kam unser erster Sohn.
Heute studieren ihre drei Söhne an der ETH.
M.M. – Genau, und zwar «Ma, Ma, Ma»: Maschineningenieurwissenschaften, Materialwissenschaften und Mathematik.
ST.M. – Mir fällt auf, wie praxisorientiert die Studien meiner beiden Älteren sind. Schon im ersten, zweiten Jahr bauen die in monatelanger Projektarbeit Roboter für konkrete Anwendungen und Ähnliches. Dieses Tüfteln finde ich unheimlich lässig.
Sie sind Mitglieder des Escher Top 100 Circle der ETH Foundation und engagieren sich in diesem Kreis philanthropisch für die ETH – was hat Sie dazu bewogen?
ST.M. – Wir verfügen über eine starke Affinität, die sich mit unseren drei von der ETH begeisterten Buben noch verstärkte. So kamen wir auf den Gedanken, etwas zurückzugeben und unsere Verbundenheit zur ETH zu pflegen. Diese Nähe zurückzugewinnen, wieder mal einen Cappuccino im Polysnack zu trinken, ist sehr schön. Ich beobachte auch, was die ETH an Spin-offs hervorbringt – unsere Mittel sind hier sehr gut investiert.
M.M. – Als vor einigen Jahren die Rankings aufkamen und ich sah, was für Topplätze die ETH einnimmt, empfand ich ein wenig Stolz und grosse Dankbarkeit. Eine Spitzenhochschule vor der Haustüre zu haben und Chancen für ihre jungen Talente zu schaffen, sodass diese die Welt weiterbringen können, ist grossartig. An Anlässen der ETH Foundation denke ich immer wieder, wie schön es ist, einen kleinen Teil dazu beitragen zu dürfen.
ST.M. – Die ETH ist mit der EPFL ein wesentliches Gravitationszentrum im Bereich Technologie, nicht nur für die Schweiz, sondern darüber hinaus. Meiner Meinung nach dürfte die Hochschule noch mehr wie Roger Federer agieren und als Botschafterin für die Schweiz wirken. In Asien beispielsweise ist sie relativ unbekannt. Das ist eine verpasste Chance, denn überall, wo Partnerschaften bestehen, spüre ich Begeisterung. Als Stiftungsrat der ETH Foundation möchte ich zur Strahlkraft der ETH beitragen.
Vielseitig engagiert
Marina Meister war mehrere Jahre in der Unternehmensberatung im In- und Ausland tätig. Ab 1999 verantwortete sie bei der Swiss Re während zwölf Jahren die Leitung globaler Projekte. Heute ist sie selbstständig tätig. Als Initiantin von «Lebensvorsorge Schweiz» arbeitet sie an einem politischen Projekt im Bereich soziale Infrastrukturen. Sie ist Verwaltungsrätin und Teilhaberin der Architekturfirma Arndt Geiger Herrmann.
Steffen Meister stiess nach Stationen bei Swiss Re und im Investmentbanking zur Private-Markets-Firma Partners Group, deren CEO er von 2005 bis 2013 war. Es folgte der Wechsel zum exekutiven Mitglied des Verwaltungsrats, zunächst als Delegierter und seit 2018 als Präsident. Seit 2023 ist Steffen Meister Mitglied des Stiftungsrats der ETH Foundation.