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Um die Energiewende zu schaffen, sind neue Speicherlösungen nötig. In ihrem Doktorat an der ETH forscht Ayça Şenol Güngör an leistungsfähigeren Batterien aus nachhaltigen Materialien.
«Rund ein Drittel der in der Schweiz verbrauchten Energie verschlingt der Verkehr. Zudem ist er für einen Grossteil der CO2-Emissionen verantwortlich. Elektromobilität ist somit ein wichtiger Pfeiler für die Netto-Null-Zukunft», führt Ayça Şenol Güngör aus. «Um die Energiewende zu schaffen, braucht es Strom aus erneuerbaren Quellen. Gleichzeitig müssen wir uns auf energieeffiziente Technologien konzentrieren. Dafür braucht es Batterien mit höherer Energiedichte, die die Umwelt weniger belasten.»
Materialien für mehr Leistung
Ayça Şenol Güngör, ETH-Forscherin und ehemalige Exzellenz-Stipendiatin, arbeitet an Lithium-Schwefel-Batterien, einer vielversprechenden Alternative zu herkömmlichen wiederaufladbaren Akkus. Der derzeitige Industriestandard im Bereich der Lithium-Ionen-Batterien basiert auf lithiumhaltigen Metalloxiden oder Phosphaten. Einige dieser Materialien, wie beispielsweise Kobalt, werden unter teils prekären Arbeitsbedingungen in Minen abgebaut, und der Transport und die Verarbeitung sind sehr energieintensiv und teuer.
Schwefel hingegen ist preiswert, umweltfreundlich und in grossen Mengen vorhanden. Zudem ist die potenzielle Energiedichte der Lithium-Schwefel-Batterie drei- bis fünfmal so hoch wie die von herkömmlichen Batterien; sie könnte also mehr Energie bei weniger Gewicht und Material speichern.
© ETH Foundation / Daniel Winkler
«Lithium-Schwefel-Batterien könnten neue Perspektiven für die E-Mobilität eröffnen, vom Transportsektor bis zur Leichtbau-Aviatik.»
Neben dem positiven Impact für die Umwelt bieten die Batterien so auch neue Perspektiven in der Elektromobilität. «Ich denke dabei an die begrenzte Reichweite von E-Lkw für Gütertransporte, ein Sektor mit hohen Emissionen und hohem Energieverbrauch. Die Batterien bergen auch Potenzial für die Leichtbau-Luftfahrt – die heutigen Batterien sind zu schwer und energieintensiv, um einem Elektroflugzeug eine grössere Reichweite zu verleihen», erklärt Ayça Şenol Güngör.
Noch ist die Technologie nicht bereit für eine breite Kommerzialisierung. «Die Batterien erreichen ihre maximale Kapazität und Lebensdauer bislang nicht. Ziel meiner Forschung ist, die Funktionsmechanismen von Lithium-Schwefel-Batterien besser zu verstehen, sodass wir ihr grosses Potenzial nutzen können.»
Leidenschaft für neue Lösungen
Feuer für Materialwissenschaften fing Ayça Şenol Güngör im Bachelor-Studium an der Sabancı-Universität in Istanbul. Für den Master war die ETH Zürich ihre erste Wahl. «Nur wenige Hochschulen bieten eine so vielfältige Ausbildung in diesem Bereich wie die ETH», begründet die junge Forscherin ihren Entscheid. «Als ich die Zusage für ein Exzellenz-Stipendium erhielt, war ich überglücklich.»
Das Stipendium eröffnete ihr auch spannende Kontakte. «An einem von der ETH Foundation organisierten Event kam ich mit Enrico Scoccimarro ins Gespräch, dem Co-Founder von FenX, wo ich später meine Masterarbeit schrieb», erinnert sich die Doktorandin. Die Arbeit beim ETH-Spin-off, das aus dem Lab von Professor André R. Studart hervorging, begeisterte sie: «Das dynamische Umfeld und die unmittelbare Anwendung der Forschung sagten mir sehr zu. Ich kann mir gut vorstellen, nach meiner Doktorarbeit in einem Start-up zu arbeiten.»
Bis es so weit ist, widmet sich Ayça Şenol Güngör der experimentellen Forschungsarbeit in der Materials and Device Engineering Group von ETH-Professorin Vanessa Wood. Vermutlich werde sie mit dem Abschluss ihres Doktorats die aktuellen Probleme der Lithium-Schwefel-Batterie noch nicht alle gelöst haben. Dass sich ihre Arbeit lohnt, steht für Ayça Şenol Güngör trotzdem fest: «Mit dem gewonnenen Wissen kann ich zu einem nachhaltigeren Batteriesektor beitragen und die Energienutzung der Zukunft positiv beeinflussen.»
Förderung von herausragendem Nachwuchs
Mit den ETH-Exzellenz-Stipendien werden herausragende junge Menschen aus der Schweiz und aus aller Welt für das Master-Studium an der ETH Zürich gewonnen, ein unverzichtbares Instrument im internationalen Wettbewerb um die grössten Talente. Dank der Unterstützung von Donatorinnen und Donatoren werden jährlich jene Köpfe gefördert, die zu den besten zwei bis drei Prozent ihres Jahrgangs gehören. Aufgrund der steigenden Studierendenzahlen ist der Bedarf an Exzellenz-Stipendien gewachsen; Ziel ist, sechzig Exzellenz-Stipendien pro Jahr vergeben zu können.