«Wenn Geförderte ihrerseits unterstützen – das ist der schönste Dank»

von Janine Braun
31. Oktober 2023

Einst selbst von Stipendien unterstützt, fördert ETH-Alumna Monica Daigl heute junge Talente an der ETH Zürich. Im Interview spricht sie darüber, was Erfolg und Philanthropie verbindet.

ETH Zürich Foundation, «Wenn Geförderte ihrerseits unterstützen – das ist der schönste Dank»
Nach ihrem Studium der Umweltnaturwissenschaften an der ETH arbeitete Monica Daigl beim Schweizerischen Tropeninstitut. Später absolvierte sie ein zweites Master-Studium an der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Heute arbeitet sie bei Roche in Basel.
© zVg
Nach ihrem Studium der Umweltnaturwissenschaften an der ETH arbeitete Monica Daigl beim Schweizerischen Tropeninstitut. Später absolvierte sie ein zweites Master-Studium an der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Heute arbeitet sie bei Roche in Basel.
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Was macht für Sie einen erfolgreichen Menschen aus?

MONICA DAIGL – Dazu gehören für mich zwei Faktoren: erstens, gute Ideen zu haben und zweitens, andere daran teilhaben zu lassen. Neulich habe ich das Buch von Melinda French Gates gelesen – sie und ihr früherer Ehemann sind für mich erfolgreiche Menschen, da sie ihren Erfolg mit der Gesellschaft teilen.

Sie sind in Campione d’Italia aufgewachsen und gingen in Lugano ins Gymnasium. Was zog Sie danach an die ETH Zürich?

Ich kannte damals einige, die an der ETH studierten oder doktorierten und sehr zufrieden waren. Sie warnten mich zwar, dass das Studium schwierig sei, aber die Herausforderung war für mich ein Teil der Motivation (lacht). Natürlich wusste ich, dass auf der Nordseite des Gotthard Schweizerdeutsch gesprochen wird – aber es war mir nicht bewusst, dass wirklich ALLE im Dialekt sprechen. Ich erinnere mich noch an die Skripte, bei welchen ich an den Rändern die Wörter übersetzt habe. Zum Beispiel «Umweltverträglichkeitsprüfung».

Was ist Ihnen von der Studienzeit in guter Erinnerung geblieben?

Meine grossartigen Mitstudierenden und Dozierenden. Sie alle wollten in der Welt etwas bewegen – das haben sie auch geschafft! Als Studierende hatten wir von Anfang an die Gelegenheit bei damals aktuellen Themen wie dem Ozonloch, der NEAT oder dem Bio-Label mitzudenken und mitzureden. Es gab oft Fallstudien, wo wir mit Expertinnen und Experten auf dem jeweiligen Gebiet zusammenarbeiten durften. Dieser Zugang zu spezialisiertem Fachwissen und die Begegnung auf Augenhöhe – das war sehr schön an der ETH.

Unser Studium war zudem sehr multidisziplinär aufgebaut, von Physik und Chemie bis zu Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft. Die ETH hat uns damit gelehrt, Projekte aus vielen verschiedenen Blickwinkeln anzugehen, um ganzheitliche und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Diese Fähigkeit begleitet mich bis heute.

Während des Studiums wurden Sie selbst mit Stipendien gefördert. Was hat Ihnen diese Unterstützung bedeutet?

Ohne Stipendien hätte ich nie so weit kommen können. Es war aber nicht nur die finanzielle Unterstützung, die mir viel bedeutet hat. Auch das Vertrauen, das damit in mich gesetzt wurde, indem diese Menschen an mich geglaubt haben. Das gab mir das Gefühl: ich schaffe das.

Heute fördern Sie selbst junge Talente. Weshalb?

Aus den USA stammt das Konzept des «Give-back». Ich denke, es sollte vielmehr «Give-forward» heissen – wenn man etwas zurückgibt, endet es. Aber wenn man es weitergibt und danach auch die Geförderten ihrerseits mit dieser Unterstützung weitermachen, dann multipliziert sich die Wirkung. Für mich persönlich ist das der schönste Dank.

Was bedeutet Philanthropie für Sie?

Das Tragen der Mitverantwortung für die Allgemeinheit, damit sich unsere Welt in die richtige Richtung entwickelt und die Gesellschaft als Ganzes prosperiert. Talentförderung finde ich deshalb besonders wichtig für den Fortschritt, denn sie hat eine eigentliche Hebelwirkung.