Von der Lust, Grenzen zu verschieben
Vom Apotheker zum international gefragten Topmanager und Berater, das André Dahindens Werdegang in Kurzform. Dieser Hintergrund prägt auch seinen Blick auf die ETH, die er heute als Gönner fördert.
Was ist Ihnen wichtig im Leben?
ANDRÉ DAHINDEN – Meine Grenzen auszuloten, herauszufinden, was möglich ist; sei es im Sport, im Studium, im Job. Heute folge ich diesem Drang nicht mehr ganz so bedingungslos wie früher, aber es macht mir immer noch Spass zu sehen, was drinliegt.
2019 haben Sie sich nach fast zwanzig Jahren Karriere in der Pharmabranche selbstständig gemacht, heute sind Sie Managing Director bei der Unternehmensberatung Accenture – welche persönlichen Grenzen haben Sie mit diesen Wechseln verschoben?
Beim Sprung in die Selbstständigkeit ging es mir auch darum, mich meinen Ängsten zu stellen, zu schauen, ob ich mich «neu erfinden» kann. Meine Familie hat mich in diesem Schritt bestärkt – das war wichtig. Es war eine erstaunliche Erkenntnis für mich, dass ich auch ohne prestigiösen Titel, ohne grossen Staff erfolgreich sein kann. Jedoch habe ich bald realisiert, dass es für diesen Schritt noch zu früh war. Ich wollte nochmals ein energieintensives Abenteuer in einer grossen Organisation in Angriff nehmen. Bei Accenture mit seinem diversen Mix an talentierten Menschen kann ich unglaublich viel lernen, aber auch geben.
Im vergangenen Jahr haben Sie zudem die Ausbildung zum Helikopterpiloten abgeschlossen.
Als Bergsportler haben mich die Helipiloten der Rega und von Air Zermatt immer fasziniert. Ich wollte erfahren, ob meine Disziplin, Lust und Talent dafür ausreichen.
Wie ist Ihnen Ihre Studienzeit in Erinnerung?
Diese Zeit glorifiziere ich schon fast. Das Studium selber fiel mir eher leicht. Ich erinnere mich vor allem an schöne Momente in den Seminarwochen, an gemeinsame Mittagessen, ans Konditionstraining im ASVZ. Es war eine Zeit mit vielen Chancen und Freiheiten und wenig Verantwortung.
Neben dem leider verstorbenen Hugo Tschirky war Gerd Folkers Ihr Doktorvater, Sie bezeichnen ihn als Mentor.
Gerd war schon zu Studienzeiten jemand, der mich inspiriert hat. Er ist ein Visionär. Während meiner Karriere in der Industrie sagte er immer wieder zu mir, ich könne auch etwas ganz anderes machen, solle mich durch den Erfolg nicht einschnüren lassen: In jedem Abschnitt deines Lebens kannst du ein anderer werden! Gerd lebt das selbst vor: Als emeritierter ETH-Professor und ehemaliger Leiter des Collegium Helveticum macht er aktuell eine Lehre zum Buchbinder. Gerd ist heute ein väterlicher Freund für mich.
Sie spenden für die ETH-Exzellenz-Stipendien – weshalb?
In der Schweiz ist der Stolz auf unsere Institutionen im internationalen Vergleich für mein Empfinden zu wenig ausgeprägt. Die ETH hat mir viel gegeben. Jedes Jahr einen Betrag zu geben, ist für mich eine Form, Stolz zu bekunden. Wenn jeder Abgänger, dem es gut geht, etwas spendet, kommt Grosses zusammen.
Wenn Sie als Unternehmens- und Strategieberater auf die ETH schauen: Was raten Sie Ihrer Alma Mater?
Sich nicht daran hindern zu lassen, nach Weltklasse zu streben! Die ETH ist Teil der Schweizer Bildungslandschaft und somit eines föderalistischen Gefüges, klar. Meines Erachtens ist aber allen am meisten gedient, wenn wir die ETH als Leuchtturminstitution verstehen und pflegen. Um weltweite Strahlkraft zu erlangen, muss man den Kopf manchmal höher heben, als es in der Schweiz üblich ist, und selbstbewusst sagen: Ja, wir sind Weltspitze!