«Es ist wie eine Rakete zu bauen»
Seit 2020 finanziert Apple weltweit herausragende Doktoranden auf dem Gebiet künstliche Intelligenz und Machine Learning, auch an der ETH Zürich. Jonas Rothfuss ist Apple Scholar 2021/22.
Seit 2019 bist du Doktorand bei Informatikprofessor Andreas Krause. 2021 warst du «Apple Scholar» – was hat das für dich bedeutet?
JONAS ROTHFUSS – Am wichtigsten war das Praktikum. Um mich im richtigen Team zu platzieren, fragte mich meine Ansprechperson bei Apple, mit welchen mathematischen Methoden ich mich im Praktikum befassen wolle. Mich interessierte das «Reinforcement Learning», also mathematische Äquivalente zu dem, was Menschen oder Tiere machen, wenn sie durch «trial and error», durch Ausprobieren und positives oder negatives Feedback, lernen. So können auch Algorithmen lernen.
Was kannst du über dein Praktikum bei Apple in Zürich erzählen?
Vieles unterliegt der Geheimhaltung. Anfänglich wusste auch ich nicht, woran mein Team eigentlich arbeitet. Was ich sagen kann: Ich fand es sehr cool! Es war eine ganz andere Erfahrung als in der akademischen Welt. Nur schon von der Grössenordnung des Forschungsprojekts her: Da arbeiten Hunderte weltweit zusammen auf ein Ziel hin, der Zeithorizont erstreckt sich über zehn Jahre. Der Spirit ist nicht kompetitiv, wie ich es vom universitären Umfeld her kenne, sondern kollaborativ. Es ist ein bisschen, wie bei der Nasa eine Rakete zu bauen; entweder gewinnt man zusammen oder wird zusammen gefeuert. Ich war ein Teammitglied auf Augenhöhe, wurde schnell gefragt, wie ich dieses oder jenes mathematische Problem angehen würde.
Was ist für dich das Faszinierende an künstlicher Intelligenz und Machine Learning?
Wir sind eine Hilfswissenschaft und entwerfen Methoden, die man in zig verschiedenen Disziplinen anwenden kann. So lässt sich ein grosser Impact erzielen, sei es in der Medikamentenforschung, der Klimaforschung oder auf dem Gebiet der Mobilität. Wie ich heute Algorithmen zehnmal am Tag benutze, die von Forschenden vor zehn, zwanzig oder sogar dreissig Jahren entwickelt wurden, hoffe ich, dass das, woran wir heute an der ETH forschen, für Leute in einigen Jahrzehnten zum Standardwerkzeug wird. Zudem finde ich das Thema Lernen an sich total spannend. Wir als Menschen verstehen ja nicht einmal selber, wie wir lernen! Wir wollen z. B., dass ein selbstfahrendes Auto gut fährt – aber was heisst «gut fahren»? Und wie kann man das mathematisch formulieren? Wir stossen schnell an Grenzen, weil wir selbst nicht richtig wissen, wie wir das machen. Also arbeiten wir beim Machine Learning mit Beispielen: Das ist gutes Autofahren, das ist schlechtes Autofahren. Wir haben gesehen, dass wir mit diesem Ansatz viel weiter kommen.
Zum Stipendium gehört ein Mentorat mit jemandem von Apple. Wer ist das bei dir?
Brian Amberg, der eine Forschungsabteilung bei Apple in Zürich leitet. Wir machen regelmässig Videocalls und Brian fragt mich, wie’s läuft. Er hatte ursprünglich ein Start-up, welches von Apple gekauft wurde. Seine Einblicke ins Unternehmertum interessieren mich sehr.