Talente 2025
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Exzellenz-Stipendien

Der richtige Mix

von Andrea Zeller
17. September 2025
ETH Zürich Foundation, Der richtige Mix
© ETH Foundation / Valeriano Di Domenico
Exzellenz-Stipendien

Der richtige Mix

von Andrea Zeller
17. September 2025

Die ehemalige Exzellenz-Stipendiatin Arianna Arpagaus entwickelt am Forschungszentrum des Universitäts-Kinderspitals Zürich personalisierte Therapien für Kinder mit Leukämie – patientennah, präzise und mit viel Engagement.

«Die Heilungschancen von Kinderleukämie liegen inzwischen bei etwa 80 Prozent», erklärt Arianna Arpagaus. «Mit unserer Arbeit wollen wir dazu beitragen, dass eines Tages alle Kinder mit Leukämie geheilt werden können.» Die ehemalige ETH-Exzellenz-Stipendiatin arbeitet im Forschungszentrum für das Kind (FZK) des Universitäts-Kinderspitals Zürich. In der Arbeitsgruppe um Beat Bornhauser und Onkologie-Chefarzt Jean-Pierre Bourquin forscht sie zur Optimierung von Therapien für Kinder mit Blutkrebs.

Personalisierte Therapieempfehlungen

Die Forschung ist sehr patientennah und personalisiert. Kliniken aus ganz Europa schicken Blutproben ihrer pädiatrischen Blutkrebspatientinnen und -patienten nach Zürich. «Die Proben sind von Kindern, deren Krebs nicht durch die konservativen Methoden und Medikamente geheilt werden konnte. Wir testen die Proben mit zahlreichen Medikamenten», führt die Forscherin aus.

Dabei verwendet die Gruppe Medikamente, die bereits auf dem Markt erhältlich sind, aber auch solche, die noch nicht zugelassen sind. Bis zu 100 Wirkstoffe können mit speziell dafür entwickelten neuartigen Leukämie-Kulturen an einer Patientenprobe getestet werden. «Davon kommen vielleicht 20 für die Behandlung in Frage. Wir besprechen die Ergebnisse und informieren die behandelnden Ärztinnen und Ärzte», beschreibt Arianna Arpagaus den Prozess. «Wir haben eine grosse Kohorte an bereits getesteten Samples und vergleichen diese mit dem jeweilig aktuellen Fall. Zudem arbeiten wir daran, eine Datenbasis zur Krankheitsentwicklung behandelter Patienten aufzubauen, um die Langzeitwirkung besser evaluieren zu können.»

Die Kliniken können durch die Hinweise des Forschungszentrums die Behandlung besser abstimmen, den Medikamentenmix optimieren oder versuchen, ihre Patientinnen und Patienten für die klinische Studie eines noch nicht zugelassenen Wirkstoffs anzumelden.

ETH Zürich Foundation, Der richtige Mix
Am Forschungszentrum für das Kind (FZK) ermöglicht das Universitäts-Kinderspital Zürich in unmittelbarer Nähe des Akutspitals patientennahe Forschung.
© ETH Foundation / Valeriano Di Domenico

«So unmittelbar bei der Entwicklung von neuen Therapieansätzen dabei zu sein, ist wahnsinnig spannend.»

Arianna Arpagaus

Über den Gotthard

Biologie und Gesundheitsforschung interessierten Arianna Arpagaus bereits im Gymnasium. Aufgewachsen im Tessin, entschied sie sich nach dem Gymnasium in Lugano für den Schritt nach Zürich. «Das Studienangebot im Biologiebereich ist im Tessin limitiert. Also musste ich über den Gotthard», erzählt sie. Sie entschied sich für den Bachelor Gesundheitswissenschaften und Technologie an der ETH Zürich, der sie durch patientenzentrierte Inhalte ansprach. Der Unterricht auf Deutsch forderte die junge Frau: «Am Anfang war es streng und ich brauchte eine Weile, bis ich mich mit der Sprache und in der neuen Stadt zurechtfand.»

Inzwischen spricht Arianna Arpagaus neben Italienisch, Rätoromanisch, Französisch, Englisch und Deutsch sogar Schweizerdeutsch – auch dank dem Stipendium der Schweizerischen Studienstiftung, das sie für ihre hervorragende Maturarbeit erhielt und das ihr durch regelmässige Veranstaltungen den Kontakt zu deutschsprachigen Studierenden erleichterte.

Am Ende ihres Bachelor-Studiums erfuhr sie vom Exzellenz-Stipendienprogramm. Gemeinsam mit ihrer guten Freundin Lorena Gregorio bewarb sie sich um einen der begehrten Plätze. Die Freude war gross, als beide eine Zusage erhielten. «Dass mich meine Eltern im Master nicht mehr unterstützen mussten, war eine grosse Erleichterung für mich und hat mich sehr motiviert», beschreibt Arianna Arpagaus. Überdies ist sie überzeugt, dass sich die Auszeichnung mit dem Exzellenz-Stipendium auch positiv auf die Stellensuche auswirkte.

Von Neugier getrieben

Ihr Master-Studium in Molecular Health Sciences verlief dennoch nicht ganz so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Kurz nach Start begann die Covid-19-Pandemie. Ihren Abschluss machte die junge Frau mitten im Lockdown, die Master-Feier wurde zwei Jahre später nachgeholt.

Nach dem Studienabschluss führte Arianna Arpagaus als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Labor für Neuroepigenetik von Professorin Isabelle Mansuy die Forschung zu stressbedingten epigenetischen Veränderungen über verschiedene Generationen hinweg weiter, die sie im Rahmen ihrer Master-Arbeit begonnen hatte. «Epigenetik ist ein faszinierendes Feld – es geht um alles, was vererbbar ist, ohne direkt mit der genetischen Sequenz zu tun zu haben. Also darum, wie unsere Umwelt und unser Lebensstil Gewicht, Gesundheit und viele weitere Merkmale von uns selbst und unseren Nachkommen beeinflussen», erklärt die Tessinerin.

Bald zog es die junge Forscherin näher zum Patienten. Die Stelle beim Kinderspital, die Forschung und angewandte Medizin vereint, bot ihr eine perfekte Weiterentwicklung. «Die personalisierte Medizin birgt grosse Chancen, gerade in der Onkologie. So unmittelbar bei der angewandten Entwicklung von neuen Therapieansätzen dabei zu sein, ist wahnsinnig spannend», beschreibt Arianna Arpagaus.

Ihren Ausgleich findet sie in der Natur. Die sportliche Leidenschaft der jungen Frau gilt dem Orientierungslauf, und zwar auf dem Velo. Während sie vor dem Studium im Schweizer Nationalkader an der EM und der WM in Bike-Orienteering teilnahm, betreibt sie den Sport inzwischen als Hobby. Arianna Arpagaus sieht durchaus Parallelen zwischen ihrer Sportart und der Forschung: «Beim Orientierungslauf gewinnt nicht die Schnellste, sondern die, die in einer komplexen Umgebung den richtigen Weg findet. Dies trifft auch auf die Lösungsfindung in der Forschung zu.»