«Mein Glück teilen»

von Janine Braun
12. März 2024

Janet Hering, Pionierin der Wasserforschung, ehemalige Eawag-Direktorin und Philanthropin, spricht über ihren Einsatz für Frauen in akademischen Führungspositionen und die Bedeutung des Otto Jaag Gewässerschutzpreises, der junge Forschende dazu animiert, sich für den Schutz unserer Wasserumwelt zu engagieren.

ETH Zürich Foundation, «Mein Glück teilen»
Professor Janet Hering studierte Ozeanographie am Massachusetts Institute of Technology. Nach ihrem Abschluss war sie während drei Jahren als Postdoc an der Eawag und danach am California Institute of Technology und der University of California tätig. 2007 wurde sie Direktorin der Eawag.
© Eawag / Alessandro Della Bella
Professor Janet Hering studierte Ozeanographie am Massachusetts Institute of Technology. Nach ihrem Abschluss war sie während drei Jahren als Postdoc an der Eawag und danach am California Institute of Technology und der University of California tätig. 2007 wurde sie Direktorin der Eawag.
© Eawag / Alessandro Della Bella

Woher stammt Ihre Passion für Umweltfragen?

JANET HERING – Ich bin im pulsierenden Treiben von New York City aufgewachsen und verbrachte den Sommer jeweils im ruralen Upstate New York. Dieser Kontrast hat mich bereits sehr früh für die Umweltverschmutzung und ihre Auswirkungen sensibilisiert.

Wie kam es dazu, dass Sie Direktorin der Eawag, des Wasserforschungsinstituts des ETH-Bereichs in Dübendorf, wurden?

Nach meinem Abschluss am MIT hatte ich die Chance, drei Jahre lang als Postdoktorandin an der Eawag zu forschen. Ich war überwältigt vom hohen Stellenwert, den Forschung und Bildung in der Schweiz geniessen. Nachdem ich meine Laufbahn an der UCLA und am Caltech fortgesetzt hatte, nahm ich deshalb das Angebot, die Eawag zu leiten, begeistert an. Zu Beginn war es eine Herausforderung, mich in die Komplexität des Schweizer Bildungssystems einzuarbeiten, doch mit der Zeit gelang es mir, ein tragfähiges Netzwerk zu knüpfen, exzellente Kollaborationen einzugehen und praxisnahe Forschung voranzutreiben.

Ihr beruflicher Werdegang zeichnet sich auch durch die Förderung von Frauen in der Wissenschaft aus. Was motivierte Sie dazu?

Während meiner Karriere in den USA hatte ich das Privileg, von vielen Frauen begleitet und geprägt zu werden. In der Schweiz angekommen, fühlte ich mich als Frau in einer akademischen Führungsposition isoliert. Seitdem setze ich mich dafür ein, Frauen in diesen Rollen zu stärken. Ich bin überzeugt, dass Diversität der Wissenschaft und der Gesellschaft immense Vorteile bringt und dass weibliche Perspektiven notwendig sind, um das Potenzial unserer Forschungseinrichtungen voll auszuschöpfen.

Was raten Sie der nächsten Generation junger Forschender, die eine Karriere in der Wasserforschung anstreben?

Taucht in die Materie ein und gewinnt praktische Erfahrung – scheut euch nicht davor, euch buchstäblich die Hände nass zu machen! Feldwissen ist von unschätzbarem Wert und ergänzt das Lernen aus Büchern oder am Bildschirm.

Die ETH Zürich verleiht jährlich den Otto Jaag Gewässerschutzpreis. Sie haben dessen Preissumme kürzlich durch eine grosszügige Donation erhöht. Warum?

Otto Jaag leitete die Eawag in einer Zeit, in welcher die Schweizer Gewässer enormen Belastungen ausgesetzt waren und die Wasserqualität sich rapide verschlechterte.

Jaag setzte sich sowohl wissenschaftlich als auch politisch erfolgreich für die Bewältigung dieser Herausforderung ein. Für mich ist der nach ihm benannte Preis ein Appell dafür, dass der Schutz unserer Wasserumwelt eine fortwährende Aufgabe ist.

Welche konkrete Bedeutung hat dieser Preis für den Schutz unserer Gewässer?

Wasser ist eine essenzielle Grundlage für das menschliche Wohlergehen. Wir sind auf unser Ökosystem angewiesen, und selbst in einem wasserreichen Land wie der Schweiz müssen wir stets zwischen direktem und indirektem Nutzen von Massnahmen abwägen. Wasserkraftwerke beispielsweise liefern erneuerbare Energie, können aber auch die Wasserqualität und die Fischpopulationen beeinträchtigen. Deshalb werden mit dem Preis begabte junge Forschende ausgezeichnet, die innovative und lösungsorientierten Beiträge zum Gewässerschutz leisten.

Was bedeutet Philanthropie für Sie persönlich?

Philanthropie bedeutet für mich, mein persönliches Glück zu teilen. Ich durfte und darf beruflichen Erfolg und persönliche Erfüllung erleben. Da ich in einer Familie aufwuchs, in der Bildung einen hohen Stellenwert genoss, hatte ich die Möglichkeit, an hervorragenden Universitäten zu studieren, wo ich von grossartigen Mentorinnen gefördert wurde. Ich durfte an exzellenten Institutionen arbeiten und die starke nationale Unterstützung für Forschung und Bildung in der Schweiz erfahren. Aus all diesen Gründen ist es mir eine Freude, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.

Sind Sie seit Ihrer Pensionierung weiterhin in der Wissenschaft aktiv?

Die Wissenschaft bietet unendliche Möglichkeiten für Engagement und lebenslanges Lernen. Ich geniesse es, Vorträge und Seminare zu besuchen, insbesondere an der ETH Zürich. Auch halte ich selbst einige Vorlesungen, sowohl zu wissenschaftlichen Themen als auch zum Thema Frauen in der Wissenschaft.

Mehr über Janet Herings Lebenslauf und nicht-akademische Veröffentlichungen finden Sie hier

Otto Jaag Gewässerschutzpreis

Prof. Dr. Otto Jaag war ein international anerkannter Gewässerschutzpionier, der die Eawag von 1952 bis 1970 leitete. Er erweiterte den Aufgabenbereich der Eawag in die Richtung eines umfassenden Umweltschutzes und trug massgeblich zur Ausarbeitung des eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes bei. Heute wird der nach ihm benannte Preis an Absolventinnen und Absolventen vergeben, die hervorragende Dissertationen oder Masterarbeiten auf dem Gebiet des Gewässerschutzes und der Gewässerkunde an der ETH Zürich absolvieren. Der Preis wird jährlich am ETH-Tag verliehen und ist dank der Donation von Janet Hering neu mit CHF 5000 dotiert.
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