«Denkmotor ETH fördert den Wohlstand in der Schweiz»

von Janine Braun
12. Juli 2023

Francisco Fernandez ist Serial Entrepreneur und Philanthrop. Ein Gespräch über Ambitionen, Talentförderung und Dankbarkeit.

ETH Zürich Foundation, «Denkmotor ETH fördert den Wohlstand in der Schweiz»
Von 2008 bis 2020 war Francisco Fernandez Teil des Stiftungsrats der ETH Foundation. Seit 2020 ist er Mitglied des ETH Foundation Investment Komitees zur Förderung von vielversprechenden ETH Spin-offs.
© zVg
Von 2008 bis 2020 war Francisco Fernandez Teil des Stiftungsrats der ETH Foundation. Seit 2020 ist er Mitglied des ETH Foundation Investment Komitees zur Förderung von vielversprechenden ETH Spin-offs.
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In Ihrer Karriere haben Sie zahlreiche Unternehmen gegründet und auf Erfolgskurs gebracht. Was gibt Ihnen so viel Energie?

FRANCISCO FERNANDEZ – Die Balance aus Familie, Musik und Freude am Lösen komplexer Probleme. Beim Musizieren schaltet mein Hirn nicht ab, aber es schaltet um und alle Geschäftsprobleme treten in den Hintergrund.

Sie haben an der ETH Informatik studiert. Warum?

Nicht nur Musik, sondern auch Mathematik gehört zu meinen grossen Leidenschaften. Wer Musiktheorie studiert, weiss, wie mathematisch diese sein kann! Zudem bin ich in einer Pionierzeit der Computerentwicklung aufgewachsen – das Thema faszinierte mich. Das Informatikstudium an der ETH bestand damals zu 90 Prozent aus Mathematik und war deshalb die logische Entscheidung für mich.

Der Informatikunterricht fand damals an der Wandtafel statt?

Während den Vorlesungen hat der PC keine grosse Rolle gespielt. Wir haben Grundlagen, Strukturen und theoretische Konzepte gelernt, die noch heute für jedes Computerprogramm oder Betriebssystem gültig sind. Später gab es dann eine Rechenmaschine am Institut für Informatik, wo wir unsere Codes einsenden konnten und am nächsten Tag das Ergebnis bekommen haben. Die künstliche Intelligenz, die den Menschen heute in vielen Bereichen schlägt, stand damals ganz am Anfang. Es war hoch interessant dabei zu sein, als an der ETH die ersten neuronalen Netze programmiert wurden.

Wie kam es später zur Gründung Ihres ersten Unternehmens Avaloq?

Nach dem Studium begann ich bei einer Bank zu arbeiten und hatte das Glück, dort einen echten Entrepreneur als Vorgesetzten zu haben. Ich merkte, dass ich selbst Visionen entwickeln, diese vorantreiben und damit etwas bewegen möchte – und legte die Stelle bei der Bank rasch ad acta. In den Jahren darauf habe ich noch rund zehn weitere Unternehmen mitgegründet. Es gehört immer ein Team dazu, das den gleichen Traum träumt! Das Thema Entrepreneurship hat sich in den letzten 30 Jahren sicher stark verändert – früher war es etwa viel schwieriger Kapital aufzutreiben. Heute ist die Lernkurve dank Google steiler, dafür gibt es viel mehr Mitbewerber. Matchentscheidend für den Erfolg ist gestern wie heute die «readiness for change».

Als Geschäftsführer von Avaloq haben Sie sich für Talentförderung an der ETH eingesetzt. Noch heute fördert Avaloq jedes Jahr eine Exzellenz-Stipendiatin oder einen Exzellenz-Stipendiaten. Warum?

Ich finde es wichtig, dass talentierte Menschen eine Chance bekommen, auch die, die unter weniger günstigen Bedingungen aufwachsen. Jedes geförderte Talent kann der Gesellschaft als Ganzes etwas zurückgeben. Ein zweiter Aspekt ist für mich die Dankbarkeit, denn ich befand mich einst selbst in einer ähnlichen Situation. Als meine Eltern von Spanien in die Schweiz einwanderten, besassen sie weder ein Netzwerk noch Geld. Mit etwas Talent, einer exzellenten Ausbildung an der ETH und viel Fleiss bin ich dahin gekommen, wo ich heute bin. Eine solche Chance zu bekommen, finde ich enorm wertvoll.

Während zwölf Jahren waren Sie im Stiftungsrat der ETH Foundation engagiert. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Wir haben uns unter anderem die Frage gestellt, wie die ETH die besten Talente aus der ganzen Welt anziehen kann – trotz ihres im Vergleich mit den grossen, ausländischen Universitäten geringeren Budgets. Für mich persönlich war ausserdem der Kontakt zu den Professorinnen und Professoren sehr bereichernd – ich durfte Forschungsluft schnuppern und Zukunftstechnologien aus erster Hand kennenlernen.

Was unterscheidet die ETH in Ihren Augen von anderen Hochschulen?

Unsere Gesellschaft braucht ambitionierte Vordenkerinnen und Vordenker, die den Mut haben, etwas Neues anzureissen. Verbesserungen beginnen da, wo der Status quo hinterfragt wird – Stillstand ist Rückschritt. Die ETH betrachte ich als eine der Hochschulen, die genau diese Ambition von ihren Studierenden einfordert. Für mich ist das einer der Gründe, weshalb sie mit der Weltspitze mithalten kann.

Wo sehen Sie die Hochschule in 100 Jahren?

Die ETH ist ein wichtiger Treiber für den Wohlstand in der Schweiz. Ohne diesen «Denkmotor» sähe unser Land heute wahrscheinlich anders aus. Ich hoffe, dass die ETH auch in 100 Jahren noch exzellente Grundlagenforschung betreibt und ökonomische Interessen nicht die Überhand gewinnen. Gerade hier kommt der Philanthropie eine zentrale Bedeutung zu. Besonders wertvoll sind zweckungebundene Mittel, die die Hochschule dort einsetzen kann, wo sie es für am vielversprechendsten hält.